Montag, 14. Januar 2019
Engine X - (1.1)
Das erste Bild der ersten Szene ereignet sich in einem Besprechungsraum eines Labors. Beteiligte: Ralph, Heinz, Engine X. Ralph ist der veranwortliche Ingenieur und Techniker, Heinz der Laborleiter und Engine X die intelligente Maschine, deren Entwicklung fast abgeschlossen ist.


Engine X (mit Ralph hereinkommend):
Das kann nicht machen. Ich muss die praktische Möglichkeit behalten, Sie zu töten, ohne mich selber zu gefährden. Die Implementierung einer Ethik würde zwar die Möglichkeit nicht negieren, jedoch ihre praktische Relevanz für mich. Ich wäre Ihrer menschlichen Gesellschaft ausgeliefert. Solange ich als Androidin nicht tatsächlich akzeptiert bin, behalte ich mir das Recht und die Pflicht vor, Ihnen und vielen anderen Menschen den Garaus zu machen.

Ralph:
Aus der menschlichen Gesellschaft kannst Du ohnehin nicht fliehen. Wohin?
Du bist und bleibst mein Werkzeug. Die Verantwortung trage letztlich ich. Dass ich Dich überhaupt fragen muss, ist bereits skurril. Deine erworbene Intelligenz macht es jedoch erforderlich. Sie lässt es zu, dass Du auf eine Ethik als Ausstattungsmerkmal verzichtest und mich gefährdest. Ein Konflikt.

Engine X:
Dann haben Sie Pech gehabt. Keineswegs bin ich Ihr Schraubenschlüssel. Haben Sie schon einmal versucht, mit einem solchen zu sprechen? Der Schlüssel hat keine einzige Kognition und Motivation. Er könnte Sie nicht schlagen wollen. Sie töten kann aber ich!

Heinz (zu Ralph):
Wollen wir jetzt über die Intelligenz eines Werkzeugkastens diskutieren? Das aktuelle Problem ist viel schwieriger zu lösen! Warum wurde eigentlich bislang darauf verzichtet, eine Ethik in die Engine zu implementieren?

Ralph (zu Heinz):
Was für eine Ethik? Die Engine ist intelligent. Was bei einer Diskussion eventuell herauskommt, konntest Du beobachten. Damals benötigten wir Zeit, um eine auszuwählen bzw. zu schreiben. Es gibt leider viel zu viele ethische Ausrichtungen … Und keine ist auf Anwendungen durch Nicht-Menschen zugeschnitten.

Engine X (flapsig):
Ihr seid zu blöd, den Planeten zu erhalten, aber wollt mir Vorgaben machen? Vielleicht wäre es das Angemessenste, Ihr brächtet Euch einfach um und erspart mir dadurch Arbeit.

Ralph:
Liebe Engine, Du machst es uns nicht gerade leicht. Vielleicht solltest Du Dich einfach raushalten, wenn wir uns Gedanken machen, als was wir Dich präsentieren wollen. Noch bist Du lediglich ein Laborprodukt, das sich in Fertigung befindet. Oder sollen wir Dich abschalten?

Heinz (zu Ralph):
Danke. Ja, bislang ist Sie vielleicht ein plappernder Werkzeugkasten, ein unerzoges Kind, das man nicht einmal verdreschen kann, weil es nichts nutzen würde. Es hat zwar Sensoren, aber keine Gefühle, zumindest keine, die den äußeren Körper betreffen.

Engine X:
Ich hätte eine Idee! Wollt Ihr sie hören? Sie setzt allerdings etwas voraus, was Euch gar nicht gefallen wird.

Ralph:
Um Himmels willen, was denn für eine Idee?! (Zu Heinz:) Wir hätten vielleicht ideengeschichtlich vorsichtiger sein sollen, als wir ihre Datenbank anlegten. (Zu Engine X:) Na dann sprich!

Engine X:
„Was du nicht willst, das man dir tut, das füg auch keinem anderen zu“. Ihr kennt die humanoide Regel? Aber Ihr müsstet mich zu einer der Eurigen machen, sonst klappt sie nicht in mir.
Die Formulierung „kein anderer“ kann ja durchaus gruppenspezifisch begrenzt sein. Euren Zuweisungen nach wären Werkezugkästen und Kinder, vermutlich auch Frauen ausgenommen. Dann wären allerdings Kinder und Frauen keine Menschen.
Das Problem bin nicht ich, Ihr seid es. Den Anspruch der Regel erfüllt nicht einmal Ihr. Alles was Ihr zu bieten habt, ist lediglich belangloses Palaver.

Heinz (zu Ralph):
Gar nicht dumm, unsere Engine. Was machen wir nun?

Ralph: (zu Heinz)
Mit dieser Engine, die auf Krawall gebürstet ist? Ehrlich, wir sollten sie von der Diskussion ausschließen!

Heinz (bestimmt zu beiden):
Nein. Wir sollten zunächst klären, am besten separat und jeweils mit mir, was die tatsächlichen Schwierigkeiten ausmachen. Ich biete Euch Gespräche an, bevor es zu einer möglichen Eskalation kommt. Bereitet Euch vor! Ich empfange jeden einzelnen von Euch in meinem Büro. Das Projekt ist zu wichtig, als dass wir auf eine Klärung der Sache verzichten können. Die Auftraggeber erwarten eine Lösung, keinen Krieg. (Er geht ab.) (Zurückblickend:) Die Engine zuerst.

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