Donnerstag, 17. November 2016
E-Books und Stromgeister
Viel wurde über eBooks in den vergangenen Jahren spekuliert, vor allem von Nicht-Literaten. Dies mag aus pragmatischer Sicht interessant sein, literarisch blieb dies völlig unerheblich. Der Einsatz von Html und CSS, von zwei Auszeichnungs-, nicht von Programmiersprachen, die innerhalb des inzwischen üblichen ePub 2.01 Anwendung finden, einer Konvention, die eine Darstellung primär von Schrift in sogenannten Readern erlaubt, war und ist seit den Neunziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts im Internet bekannt. Relativ neu, aus zeitlicher Perspektive, ist lediglich die vereinheitlichende Konvention, die als zukünftiger Industriestandard speziell für Lesegeräte entwickelt wurde, jedoch nur begrenzt Eingang fand. Die Gerätehersteller interessierte wahrscheinlich ein mögliches Geschäft mehr als die Frage, womit ein solches zu vollführen sei. Ein Kundenkreis war durch technische Spezifikationen des lesbaren ePub nicht zu gewinnen. Kunden als auch Tester interessierte, wie sich die Geräte anfühlen. Der begonnene Handel blieb weitgehend auf dem Niveau von fahrenden weißen Händlern und Indianerstämmen, die im amerikanischen Westen aufeinandertrafen: das erstaunte Raunen oder Ausrufen von „Manito“ war z.B. tauschentscheidend.

Überschriften und Absätze waren erkennbar, wie von Geisterhand erzeugt, solange eine Stromzufuhr erfolgte. Die Stromgeister passten die sichtbare Schrift an die Größe der jeweiligen Bildschirme an. Es gab keine vorab festgelegten Zeilenlängen. Solche Anweisungen hätten die fremden Wesen nicht lesen und verstehen können. Sie waren Pragmatiker, die den jeweils zur Verfügung stehenden Raum nutzten. Auf unterschiedlichen Geräten sah das Schriftbild deshalb anders aus.
Die Schrift floss im Vergleich, wie dies unter dem Einfluss von Stromgeistern typisch sein könnte, und manchmal zeigten sich auch Stromschnellen. Falls das jeweilige Gerät einen Blocksatz erzwang, weil dies schöner anzusehen sei, konnten leicht unschöne Löcher im Text entstehen. Ein Trennungsalgorithmus, der lange Worte hätte aufteilen können, stand nicht zur Verfügung. Es blieb den Geistern lediglich übrig, wenige Worte auf die gesamte Breite zu verteilen, als würden Steine und Felsen den Fluss der Schrift behindern. Die Steine und Felsen hätte man als Leser freilich hinzuerfinden müssen, um sie jedoch zu stabilisieren, waren die entstandenen Schriftlöcher optimal. Es fehlte aber noch die Gischt. Ein Murmeln oder Zischen von Seiten der Leser hätte die sinnliche Erfahrung ergänzen können.

Um eBooks zu genießen, sind Leser, dem Exkurs nach, weitaus mehr gefordert als Autoren. Noch ging es überhaupt nicht um einen konkreten Text, sondern um die Zugangsvoraussetzungen. Diese können Autoren allerdings gleichgültig sein. Ob ein Blocksatz oder Flattersatz angezeigt wird, und wie die konkreten Absatzformate gestaltet sind, ließe sich von Technikern als auch Lesern beliebig aufladen, ob mit Manito oder ohne, ob mit Wechsel- oder Starkstrom, Autoren müssen sich darum nicht kümmern. Besonders dann, falls sie etwas zu sagen und zu schreiben haben.

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