Sonntag, 12. Juli 2015
„Storming“ - Szene 3 (Nebenszene) - Gespräch
Ort: Vorbühne (Seiten- bzw. Hinterhof)
Ausstattung: regional übliche Mülleimer, schwarz ausgehangen (oder mit gemalten Hauswänden, falls die Zeit einen Wechsel erlaubt)
Beteiligte: Personen 2-3

Person 3 (männlich):
Geht es besser?

Person 2 (weiblich):
[Sie atmet durch.] Bald.

Person 3 (männlich):
Was ist geschehen?

Person 2 (weiblich):
[Sie atmet erneut durch.] Ich weiß nicht. Ich bekam plötzlich keine Luft. [Sie atmet erneut durch.]

[Schweigen]

Person 2 (weiblich):
Ich habe eine Frage. Du hattest von den Wirtschaftskrisen im 20. Jhd. gesprochen. [Sie atmet erneut durch.] Wahrscheinlich ist das Platzen der Finanzblasen am Anfang des 21. Jhds. ebenfalls einzubeziehen. Der Vorwurf der Metaphysik kritisiert vermutlich die mangelhafte Erklärbarkeit durch die Standard-Ökonomie. [Sie atmet erneut durch.] Zig Faktoren wurden nicht berücksichtigt … Aber was kommt nun auf uns zu? Und wie hängt dies mit den Krisen zusammen? Ich erinnerte mich an die alte Zauberformel: ‚Ceteris paribus‘! Die fiel mir in diesem mittelalterlichen Kontext ein: ‚unter gleichbleibenden Bedingungen‘. [Zu ihm gewandt:] Richtig? [Er nickt und lächelt dabei.]

Person 3 (männlich):
Genau, es war ein großes ökonomisches Problem, viele relevante Faktoren nicht in die Berechnungen einbeziehen zu können, deshalb, wie du formulierst, diese Zauberformel. Sie ließ draußen, was sich nicht integrieren ließ. [Er grinst.] Ein Schutzzauber.
Nun lässt sich die Reaktion aus dem neoliberalen Lager auf die Krisen und die Vorwürfe absehen: Was nicht passt, wird passend gemacht!

[Schweigen]

Person 2 (weiblich):
[Sie atmet erneut durch.] Dann haben wir derzeit keine Chance das Mittelalter zu verlassen, und es gibt keine Aussicht auf … ?

Person 3 (männlich):
Ich würde sagen, wir steuern auf ein Reich Gottes zu, die neoliberale Utopie!

Person 2 (weiblich):
[Sie schüttelt auffallend heftig den Kopf - atmet erneut durch.] Das ist doch Wahnsinn?!

Person 3 (männlich):
Nicht wahnsinniger als vieles andere, das Menschen im Laufe der Vergangenheit angestellt haben.

[Schweigen]

Person 3 (männlich):
Ich erinnere mich im Vorfeld des Bologna-Prozesses und einer öffentlichen Zur-Schau-Stellung von ‚Lebenslangem Lernen‘ an viele Institutionen und Institute, die an der Maginalisierung von Bildung mitarbeiteten: an der Zerlegung alter Bestände in Häppchen, um die anzugehende Verschulung, die sich ja auf ein ganzes Leben verteilen ließ, zu erleichtern. Das war ein Schock für mich! Das Studium sollte nur noch eine schmale Basis für ein späteres privates Engagement bilden, privat finanziert. Und dennoch verstand ich damals nicht, ich war wohl noch zu jung, die Relevanz. Bildung war ein zentrales Thema der privatwirtschaftlich orientierten Revolutionäre.
Die Revolution war und ist viel breiter angelegt, als man glauben möchte. Sie betrifft fast alle gesellschaftlichen Bereiche …

Person 1 (männlich):
[Er kommt hinzu.] Gehts euch gut? [Sie amtet erneut durch, er nickt.] Ihr werdet bereits vermisst. Wollt ihr nicht wieder zu uns stoßen?

[Person 1 geht schweigend vor.]

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Hier geht es zur Szene 4: http://markammern.blogger.de/stories/2516609/

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