Montag, 13. Juli 2015
„Storming“ - Szene 4 - Gespräch - Teile 1-2
mark ammern, 12:23h
Ausstattung: Tisch, 4 Stühle, 4 Gläser, einige Flaschen, schwarz ausgehangen.
Beteiligte: Personen 1-4
1/
[Person 4 (männlich) sitzt am Tisch, Personen 1-3 kommen in folgender Reihenfolge von draußen hinzu: Person 1 (männlich), Person 3 (männlich), Person 2 (weiblich).]
Person 2 (weiblich):
[Sie bleibt plötzlich stehen, atmet durch, baut sich mächtig auf und kreischt:] Reich Gottes!!
[Die anderen erschrecken ... Ein „Hohoo“ ist von Person 4 zu hören.]
Person 2 (weiblich):
[In ruhigerem aber weiterhin lautem Ton:] Die Menschheit ist des Wahnsinns! Falls es eine anthropologische Konstante gibt, dann diese!
[Erstauntes Schweigen]
Person 2 (weiblich):
[In ruhigerem und normalem Ton:] Versteht ihr nicht? [Lauter:] Wahnsinn, Wahnsinn! - [Leiser:] Nicht Vernunft! Sowas wie Vernunft könnte allenfalls aus irgendeinem Unfall resultieren. Aber bislang hat keine sogenannte Vernunft unwiderlegt überdauert. Nur Makulatur. [Etwas lauter:] Kapieren wir es endlich. [Laut:] Das menschliche Metier ist der Wahnsinn! [Leise:] Dazu kann sogar gehören, die Gewissheit zu haben, über Vernunft zu verfügen oder vernünftig zu sein.
Person 3 (männlich):
[In normaler Lautstärke:] Alternierend mit Stumpfsinn [er lächelt].
Person 2 (weiblich):
Toll! Sowas fehlte mir noch! Befreien wir die Psyche aus ihren konventionellen Klammerungen! Ich postuliere als graduelle und alternierende Erlebenskonstanten: Wahnsinn und Stumpfsinn! [Lauter:] Und wir müssen aus Letzterem raus! [Leiser:] Schleunigst [sie grinst].
Person 4 (männlich):
Wow! Ein hervorragender Blockadenlöser [er lacht auf]!
Person 1 (männlich):
Halt! Und was sollte das mit ‚Reich Gottes‘?!
Person 2 (weiblich):
[Zu Person 1:] Jetzt hab dich nicht so. Peter erläuterte mir draußen den neoliberalen Wahnsinn als einen mittelalterlichen Kampf ums Reich Gottes. Ok? Und der wird in schier unermesslicher Breite geführt. Überall in der Gesellschaft und weit über Deutschland hinaus. Ich musste dies einmal rausschreien, um wieder atmen zu können.
Person 4 (männlich):
Wunderbar! Möchte noch jemand?!
Person 1 (männlich):
[Zu Person 2:] Erreicht ist damit nicht viel. Der Sache nach, worum soll es gehen? Um die Rückeroberung der abgeschmackten bürgerlichen Kulturstandards, mit denen wir ebenfalls nichts anfangen konnten? Wir sind, vielleicht hat Jens gar nicht unrecht, einfach andere Wesen.
[Schweigen]
Person 1 (männlich):
Ich stecke in einem Zwiespalt: Die alte bürgerliche Welt buchhalterisch zugrunde richten zu sehen, lässt mich Sympathie empfinden, mich enttäuscht die entstandene öffentliche Seiche. Interessantes geschieht weiterhin an den unbeachteten Rändern, von denen es heißt, sie seien nicht massentauglich. Was hat sich denn für uns geändert? Faktisch nichts. Sehe ich mal von einem Raum [er hebt einen Arm] wie diesem ab. Und der wird bald verfallen.
[Schweigen]
2/
[Nach einem Schweigen (und Herumhantieren)]
Person 3 (männlich):
Bei aller möglichen Schadenfreude: Immerhin hätten wir für uns so etwas wie einen Anfang. Es gäbe zwei verschiedene Ausrichtungen, die thematisierbar wären: Die gesellschaftliche Entwicklung - und unsere Neugierden.
Person 2 (weiblich):
Das hat so viel miteinander zu tun, wie, wie das ehemalige Entrée und die upgefuckte Kneipe.
Person 1 (männlich):
Ich habe nicht einmal was mit diesem Fuck zu tun.
Person 2 (weiblich):
Ja ja, niemand von uns.
Person 4 (männlich):
Na und? Es hätte mich überrascht. Viel mehr als diese Flaschen zu bestellen, wäre vorne kaum möglich. Jeder von euch ist halt ein identitätsloses Etwas [er grinst]. Das ist völlig absurd, für die Bürgerlichen wie für die Szenerianer. Dieser sonderbare Antrieb, Identitäten auszubilden, ist einfach undurchschaubar. Na und? Es fehlt an Sprache, und sobald man fragt, gibts keine Antwort. Nicht einmal solche Fragen werden verstanden, weil Sprache überhaupt nicht interessiert. Na und? Bleibt doch locker!
[Schweigen]
Person 2 (weiblich):
Vielleicht fühlen die sich einsam?
Person 1 (männlich):
‚Fühlen‘ trifft. Auch ihr sogenanntes ‚Denken‘ ist ja nicht mehr als ein psychisches Erleben überlieferter Vokabuleien, das ihnen sogar Kopfschmerzen bereiten kann. Es sind Menschen. Was erwartet ihr?
[Schweigen, Herumhantieren, Schweigen]
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Hier geht es zur Szene 5: http://markammern.blogger.de/20150715/
Beteiligte: Personen 1-4
1/
[Person 4 (männlich) sitzt am Tisch, Personen 1-3 kommen in folgender Reihenfolge von draußen hinzu: Person 1 (männlich), Person 3 (männlich), Person 2 (weiblich).]
Person 2 (weiblich):
[Sie bleibt plötzlich stehen, atmet durch, baut sich mächtig auf und kreischt:] Reich Gottes!!
[Die anderen erschrecken ... Ein „Hohoo“ ist von Person 4 zu hören.]
Person 2 (weiblich):
[In ruhigerem aber weiterhin lautem Ton:] Die Menschheit ist des Wahnsinns! Falls es eine anthropologische Konstante gibt, dann diese!
[Erstauntes Schweigen]
Person 2 (weiblich):
[In ruhigerem und normalem Ton:] Versteht ihr nicht? [Lauter:] Wahnsinn, Wahnsinn! - [Leiser:] Nicht Vernunft! Sowas wie Vernunft könnte allenfalls aus irgendeinem Unfall resultieren. Aber bislang hat keine sogenannte Vernunft unwiderlegt überdauert. Nur Makulatur. [Etwas lauter:] Kapieren wir es endlich. [Laut:] Das menschliche Metier ist der Wahnsinn! [Leise:] Dazu kann sogar gehören, die Gewissheit zu haben, über Vernunft zu verfügen oder vernünftig zu sein.
Person 3 (männlich):
[In normaler Lautstärke:] Alternierend mit Stumpfsinn [er lächelt].
Person 2 (weiblich):
Toll! Sowas fehlte mir noch! Befreien wir die Psyche aus ihren konventionellen Klammerungen! Ich postuliere als graduelle und alternierende Erlebenskonstanten: Wahnsinn und Stumpfsinn! [Lauter:] Und wir müssen aus Letzterem raus! [Leiser:] Schleunigst [sie grinst].
Person 4 (männlich):
Wow! Ein hervorragender Blockadenlöser [er lacht auf]!
Person 1 (männlich):
Halt! Und was sollte das mit ‚Reich Gottes‘?!
Person 2 (weiblich):
[Zu Person 1:] Jetzt hab dich nicht so. Peter erläuterte mir draußen den neoliberalen Wahnsinn als einen mittelalterlichen Kampf ums Reich Gottes. Ok? Und der wird in schier unermesslicher Breite geführt. Überall in der Gesellschaft und weit über Deutschland hinaus. Ich musste dies einmal rausschreien, um wieder atmen zu können.
Person 4 (männlich):
Wunderbar! Möchte noch jemand?!
Person 1 (männlich):
[Zu Person 2:] Erreicht ist damit nicht viel. Der Sache nach, worum soll es gehen? Um die Rückeroberung der abgeschmackten bürgerlichen Kulturstandards, mit denen wir ebenfalls nichts anfangen konnten? Wir sind, vielleicht hat Jens gar nicht unrecht, einfach andere Wesen.
[Schweigen]
Person 1 (männlich):
Ich stecke in einem Zwiespalt: Die alte bürgerliche Welt buchhalterisch zugrunde richten zu sehen, lässt mich Sympathie empfinden, mich enttäuscht die entstandene öffentliche Seiche. Interessantes geschieht weiterhin an den unbeachteten Rändern, von denen es heißt, sie seien nicht massentauglich. Was hat sich denn für uns geändert? Faktisch nichts. Sehe ich mal von einem Raum [er hebt einen Arm] wie diesem ab. Und der wird bald verfallen.
[Schweigen]
2/
[Nach einem Schweigen (und Herumhantieren)]
Person 3 (männlich):
Bei aller möglichen Schadenfreude: Immerhin hätten wir für uns so etwas wie einen Anfang. Es gäbe zwei verschiedene Ausrichtungen, die thematisierbar wären: Die gesellschaftliche Entwicklung - und unsere Neugierden.
Person 2 (weiblich):
Das hat so viel miteinander zu tun, wie, wie das ehemalige Entrée und die upgefuckte Kneipe.
Person 1 (männlich):
Ich habe nicht einmal was mit diesem Fuck zu tun.
Person 2 (weiblich):
Ja ja, niemand von uns.
Person 4 (männlich):
Na und? Es hätte mich überrascht. Viel mehr als diese Flaschen zu bestellen, wäre vorne kaum möglich. Jeder von euch ist halt ein identitätsloses Etwas [er grinst]. Das ist völlig absurd, für die Bürgerlichen wie für die Szenerianer. Dieser sonderbare Antrieb, Identitäten auszubilden, ist einfach undurchschaubar. Na und? Es fehlt an Sprache, und sobald man fragt, gibts keine Antwort. Nicht einmal solche Fragen werden verstanden, weil Sprache überhaupt nicht interessiert. Na und? Bleibt doch locker!
[Schweigen]
Person 2 (weiblich):
Vielleicht fühlen die sich einsam?
Person 1 (männlich):
‚Fühlen‘ trifft. Auch ihr sogenanntes ‚Denken‘ ist ja nicht mehr als ein psychisches Erleben überlieferter Vokabuleien, das ihnen sogar Kopfschmerzen bereiten kann. Es sind Menschen. Was erwartet ihr?
[Schweigen, Herumhantieren, Schweigen]
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Hier geht es zur Szene 5: http://markammern.blogger.de/20150715/
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