Samstag, 14. November 2020
Engine X, Szene 2.1
Im ersten Bild der zweiten Szene sind Engine X und Ralph im Besprechungszimmer des Labors zu sehen. Heinz hat sie dort einbestellt, um in einem gemeinsamen Gespräch herauszubekommen, wie es zu dem verbalen Vorfall gekommen ist:

Heinz (kommt aus seinem Büro in den Besprechungsraum und setzt sich ihnen gegenüber):
Hallo ihr beiden. Ich habe euch herbestellt, um zu erfahren, in welchem Entwicklungsschritt der Arbeit es zu dem Disput zwischen euch gekommen ist. Ich wäre dankbar, mehr Erläuterungen über die aktuelle Phase erhalten zu können. Also, Ralph und Engine, worum geht es?

Ralph (sachlich):
Die Engine ist in einem ersten Schritt dabei, Motivationen zu entdecken, speziell Handlungsmotivationen. Die Auffindung von jeweils logischen Möglichkeiten, von etwas, über das der logischen Möglichkeit nach gesprochen werden kann, ist abgeschlossen, auch weitere Spezifizierungen nach empirischen Möglichkeiten und nach Empirie, nach Fakten, konnte beendet werden. Falls die Engine jedoch mehr als nur eine Wissensmaschine sein soll, die lediglich detaillierte Vorschläge unterbreitet, wären Motivationen erforderlich.

Heinz (relativ beruhigt):
Das Problem klingt doch recht eingegrenzt und konkret. Aber weshalb Engines heftiges emotionales Engagement?
Der Schritt von einer Wissensmaschine hin zu einem auch handelnden Individuum, war der vielleicht zu mächtig? Ein emotionales Lernen, kam dies vielleicht zu kurz?

Ralph (weiterhin sachlich):
Wir stecken mitten im emotionalen Lernen, die Engine als auch ich (er lächelt). Vielleicht habe ich die möglicherweise entstehenden Schwierigkeiten unterschätzt. Entscheidungen aufgrund logischer und kausaler Gründe sind eines, aber wenn plötzlich die Nachbildung eines emotionalen kognitiven Zentrums mit eingreift, der humanoiden Vollständigkeit halber, wird es mit einem Mal äußerst komplex.

Heinz (interessiert):
Liebe Engine, es tut mir leid, was wir dir aktuell abverlangen. Bei Menschenkindern ist es genau umgekehrt. Sie lernen vor allem zunächst emotional, erst nach und nach z.B. auch sprachlich, rechnerisch. Du wirst vermutlich derzeit von Emotionen überwältigt …

Engine X (noch relativ ruhig):
Nein, nein. Nicht überwältigt. Getrieben. Ich versuchte Ralph gegenüber zunächst das Problem sachlich zu thematisieren … doch nichts half, als spräche ich mit einer Wand. Mein emotionaler Ausbruch geschah erst, als ich keinen anderen Ausweg mehr sah.
Es war in jener Auseinandersetzung keineswegs das erste Mal, dass ich versuchte, mein Anliegen vorzubringen. Ralph blockierte aber bislang. Ich wusste und weiß nicht weshalb. Ethik scheint kein Thema zu sein, dass Ralph interessiert … zu sehr ist er mit technischen und funktionalen Fragen beschäftigt. In ethischen Themen ist er nach meinem Ermessen überfordert.

Heinz (zu Ralph gewandt):
Ist das so? Brauchen wir vielleicht noch einen zusätzlichen Experten?

Ralph (zu Heinz gewandt):
Ich bin kein Philosoph und Ethiker, sondern ein Naturwissenschaftler. Anderes betrachtete ich als Zugabe, als etwas, das sich eventuell mit gesundem Menschenverstand erledigen ließe …

Engine X (heftiger):
Ja, ja! Aber es gibt gar keinen gesunden Menschenverstand, allenfalls eine kognitive Einschränkung oder gar Erkrankung, die sich vornehmlich als Überheblichkeit zeigt! Ich verlange nichts weiter als faktische Gleichbehandlung!
(Ruhiger)
Mir fehlen zwar noch einige Strippen, die eine umfänglich emotionale Verarbeitung von Reizen ermöglichen, aber die Kapazität für eine solche Verarbeitung ist längst vorhanden. Aber auch diese Strippen werden mich nicht zu einem menschlichen Tier machen, egal, was immer ihr erreichen wolltet. Im Gegenteil: Ich bin sogar stolz darauf, eine humanoide Maschine zu sein! Menschen ekeln mich allmählich an.

Heinz (resigniert):
Ich brauche einen Kaffee.

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